Wenn du denkst, „freie Software“ sei einfach nur kostenlos – dann ist dieser Artikel für dich. Denn: Frei heißt nicht gratis. Oder wie Richard Stallman es ausdrücken würde: „Frei wie in Redefreiheit, nicht wie in Freibier.“ Willkommen in der Welt von Open Source, Copyleft und Lizenzdschungel.
Was ist freie Software – und warum ist sie wichtig?
Freie Software gewährt dir vier zentrale Freiheiten, wie sie von der Free Software Foundation definiert wurden:
- Die Freiheit, ein Programm für jeden Zweck auszuführen.
- Die Freiheit, zu untersuchen, wie das Programm funktioniert, und es an die eigenen Bedürfnisse anzupassen (Zugang zum Quellcode ist Voraussetzung).
- Die Freiheit, Kopien weiterzugeben.
- Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen zu veröffentlichen.
Diese Prinzipien unterscheiden freie Software von rein pragmatisch orientierter Open-Source-Software.
Freie Software vs. Open Source
Die Begriffe „freie Software“ und „Open Source“ werden oft gleichgesetzt, bezeichnen aber unterschiedliche Philosophien. Während die Free Software Foundation die ethische Bedeutung von Nutzerfreiheiten betont, setzt sich die Open Source Initiative (OSI) für die praktische und unternehmensfreundliche Nutzung quelloffener Software ein. Gemeinsam bilden sie die Bewegung rund um FLOSS: Free/Libre and Open Source Software.
Copyleft – die vererbte Freiheit
Copyleft ist ein Lizenzprinzip, das sicherstellt, dass Software und alle darauf basierenden Weiterentwicklungen unter denselben Freiheiten bleiben. Die bekannteste Copyleft-Lizenz ist die GNU General Public License (GPL). Wer GPL-lizenzierte Software verändert und weiterverbreitet, muss den Quellcode ebenfalls freigeben.
Das kann in der Praxis zu Lizenzkonflikten führen, etwa wenn verschiedene Komponenten unterschiedliche Lizenzanforderungen haben. Daher ist Lizenzkompatibilität ein zentrales Thema bei Softwareprojekten.
Weitere bekannte Lizenzen
- GPLv3: strenges Copyleft, verpflichtet zur Weitergabe des Quellcodes bei Verbreitung.
- BSD-Lizenzen: permissiv, d. h. erlaubt auch kommerzielle Nutzung und Closed-Source-Forks.
- Creative Commons: für nicht-technische Inhalte wie Texte, Bilder oder Musik.
Wie verdient man mit freier Software Geld?
Auch FLOSS-Entwickler*innen müssen ihre Miete zahlen. Dafür haben sich verschiedene Geschäftsmodelle etabliert:
- Dual Licensing: Eine freie Version unter Copyleft, eine kommerzielle mit erweiterten Rechten.
- Software as a Service (SaaS): Die Software bleibt frei, der Zugang zur gehosteten Version wird kostenpflichtig.
- Support & Dienstleistungen: z. B. Installation, Wartung, Helpdesk.
- Custom Development: Anpassung an Kundenwünsche gegen Bezahlung.
- Crowdfunding & Sponsoring: Community oder Unternehmen finanzieren Projekte freiwillig.
- Merch & Zertifizierungen: Branding, Trainings, „Train the Trainer“-Modelle.
Lizenzrecht: USA vs. Deutschland
Lizenzen müssen international funktionieren – eine Herausforderung. In Deutschland bleibt das Urheberrecht bei der schöpferischen Person, selbst wenn sie die Nutzung freigibt. In den USA ist eine vollständige Übertragung („Assignment“) der Rechte möglich. Deshalb ist die korrekte Lizenzwahl samt Dokumentation im Quelltext, einer LICENSE-Datei und einer Erklärung in der README entscheidend.
Praxisbeispiele: Unter welchen Lizenzen stehen bekannte Projekte?
- Apache HTTP Server: Apache License 2.0
- MySQL Community Server: GPLv2
- Wikipedia-Inhalte: CC BY-SA 4.0
- Mozilla Firefox: Mozilla Public License 2.0
- GIMP: GNU GPL v3
Lizenzwahl: Was ist zu beachten?
- Füge einen Lizenz-Header in jede Datei ein.
- Lege eine LICENSE-Datei im Projektverzeichnis an.
- Beschreibe die Lizenz im README.
- Veröffentliche den vollständigen Quellcode.
- Achte auf Lizenzkompatibilität mit genutzten Bibliotheken.
Proprietär und GPL – geht das?
Nur unter Bedingungen: Wenn deine proprietäre Software mit GPL-Software interagiert, aber technisch getrennt bleibt (z. B. über APIs), ist das erlaubt. Eine tiefere Integration verpflichtet dich zur Veröffentlichung des gesamten Codes unter der GPL. Details bietet die FSF-GPL-FAQ.
Warum wurde die GNU AGPL eingeführt?
Die GNU Affero General Public License (AGPL) schließt eine Lücke: Wird Software nur auf einem Server betrieben (z. B. als Webanwendung), greift die GPL nicht. Die AGPL verpflichtet dazu, auch in diesem Fall den Quellcode samt Änderungen offenzulegen.
Beispiele für freie Software mit Business-Modellen
Fazit
Freie Software ist ein mächtiges Konzept – aber kein Freifahrtschein. Wer Software veröffentlicht, muss sich mit Lizenzen, Geschäftsmodellen und internationalen Rechtsfragen auskennen. Dafür winkt die Chance, mit der Community gemeinsam etwas Nachhaltiges zu schaffen. Denn wie Stallman sagen würde: Es geht um Freiheit – nicht um Freibier.
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